Rom/Berlin - Nach Ablauf eines UEFA-Ultimatums für Spyros Marangos hat der zyprische Funktionär seine Bestechlichkeitsvorwürfe gegen vier Top-Funktionäre der Europäischen Fußball-Union erneuert. Wegen des angeblichen Stimmenkaufs bei der Vergabe der Europameisterschaft 2012 an Polen und die Ukraine fordert der ehemalige Schatzmeister des zyprischen Verbands in einem Zeitungsinterview eine Verlegung des Turniers. "Die Euro 2012 sollte nachträglich an Italien vergeben werden", sagte Marangos der italienischen Sporttageszeitung "Gazzetta dello Sport" (Donnerstag).

In dem Interview wiederholte er seine Vorwürfe und nannte weitere Details der angeblichen Korruptionsaffäre. Bei der Wahl des Austragungsortes für die EM 2012 sei Italien mit seiner Kandidatur 2007 in Cardiff betrogen worden.

Rechtliche Schritte

Marangos weigerte sich erneut, die von der UEFA geforderten Beweise in die Schweiz zu senden: "Ich vertraue nicht allen", begründete er dieses Vorgehen. Die UEFA hatte ihm ein Ultimatum bis Mittwochabend gesetzt, Belege für seine Anschuldigungen zu liefern. Bisher habe man nur einen Brief von Marangos Anwalt erhalten, dass die gesetzte Frist zu kurz sei, hieß es am Donnerstag aus UEFA-Kreisen. Deshalb werde man rechtliche Schritte einleiten.

Man sei zu diesem Schritt gezwungen gewesen, "um erstens herauszufinden, ob die Vorwürfe von Marangos gerechtfertigt sind und es auch konkrete Beweise dafür gibt". Außerdem solle dadurch "die Integrität und der gute Name der UEFA und des europäischen Fußballs im Allgemeinen geschützt werden", hieß es in einer Erklärung des Verbandes.

Marangos erklärte, er habe in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, UEFA-Präsident Michel Platini und anderen UEFA-Funktionären seine Informationen persönlich zu übergeben. Ein für den 24. August dieses Jahres vereinbartes Treffen mit Peter Limacher vom Disziplinarbüro der UEFA in Genf sei von diesem auf Anweisung seiner Vorgesetzten kurzfristig abgesagt worden.

"Ich bin bereit, auf Zypern alle Informationen im Beisein meines Anwalts und eines staatlichen Vertreters Zyperns zu liefern", sagte Marangos der "Gazzetta". Auf die Frage, wieso die UEFA sich bisher weigere, ihn auf Zypern zu treffen, antwortete Marangos: "Jemand hat kein Interesse daran, die Sache hervorzuholen."

Entscheidung gegen Italien

Nach seiner Darstellung im Gespräch mit der italienischen Zeitung wurden bei der Abstimmung 2007 vier Stimmen für Polen und die Ukraine gekauft, so dass die Wahl überraschend mit 8:4 Stimmen zugunsten der Kandidaten aus Osteuropa und gegen die favorisierten Italiener ausging. "Vier UEFA-Mitglieder haben insgesamt 9,15 Millionen Euro bekommen. Einer 3,15 Millionen und die übrigen drei je 2 Millionen", sagte Marangos der Zeitung. Die 3,15 Millionen Euro seien bei der Übergabe auf Zypern in einem Stofftier versteckt gewesen. Ein bekannter Anwalt auf Zypern habe das Geld aus Osteuropa erhalten und dann verteilt, berichtete die "Gazzetta" aus ihrem Gespräch mit Marangos.

Beweise

Dieser gab an, als Beweis "drei Dokumente" zu haben, "von denen eins ausreicht, um den Fall zu eröffnen". Außerdem könne er drei Zeugen beibringen: "Einer hat die Schritte der beteiligten Personen verfolgt, die anderen können die nach der Wahl von Cardiff gezahlten Summen bestätigen", sagte Marangos.

Spekulationen über die Verwicklung einer weiteren Person in die angebliche Korruptionsaffäre, wollte Marangos nicht bestätigen: "Ich weiß, dass in Deutschland von einer fünften Person gesprochen wird, aber dafür habe ich keine Beweise", sagte der Zyprer.

Die italienische Regierung hält eine juristische Aufklärung der Bestechlichkeitsvorwürfe für angebracht. "Die Justiz muss gründlich ermitteln. Sollten dabei Straftaten zum Vorschein kommen, müssen sie auch strafrechtlich verfolgt werden", sagte der für den Sport zuständige Staatssekretär der italienischen Regierung, Rocco Crimi, am Donnerstag in Rom.

Für den Fall, dass sich die Vorwürfe bewahrheiten und die EM 2012 nachträglich Italien zugesprochen werde, sei das Land vorbereitet: "Sollte die Fußball-EM 2012 kommen, sind wir sowohl was die Stadien, als auch was die Sicherheit angeht, bereit", sagte Crimi.

Der Präsident des italienischen Fußballverbands (FIGC), Giancarlo Abete, hielt sich erneut bedeckt: "Die UEFA hat Ermittlungen eingeleitet und es ist der Wille und die Notwendigkeit da, für Klarheit zu sorgen", meinte Abete am Donnerstag. Der FIGC habe vollstes Vertrauen in UEFA-Präsident Michel Platini. (APA/dpa/red)